Wie schütze ich mein Kind? Was Eltern tun können, um Kinder vor sexueller Gewalt zu bewahren.
Seit nun fast drei Jahren arbeite ich für das Zentrum für Gewaltprävention. Diese Arbeit ist mir sehr ans Herz gewachsen und um so größer war die Freude als Julia Langender von der Zeitschrift “Welt der Frauen” mich und Anja Ebenschweiger, die Präsidentin des Vereines, um ein Interview bat. Hier könnt ihr in die für mich besonders wichtigen Fragen und Antworten hineinschmökern. Den gesamten Artikel gibt es HIER sowie in der Printausgabe vom März 2025.
(..) Warum kommt sexueller Missbrauch immer noch so häufig vor? Jedes dritte bis vierte Mädchen und jeder siebte bis achte Bub sind betroffen, die Dunkelziffer soll noch höher sein.
Elena Persché: Genaue Zahlen zu sexuellem Missbrauch zu erheben, ist schwierig. In der Aufklärungsarbeit geht es auch darum, dass Kinder oder Personen die betroffen sind, ermutigt werden darüber zu sprechen. Wenn sich mehr trauen, über ihre Erfahrungen zu erzählen, verändert das natürlich die Zahlen. Manche schweigen jedoch lieber, weil sie die Schuld bei sich suchen oder Angst vor Konsequenzen haben. Das sexuelle/sexualisierte Gewalt immer noch so häufig vorkommt, liegt vor allem daran, dass es immer noch Täter:innen gibt und wir in einer Gesellschaft leben die diese hervorbringt. (…)
Betroffene haben häufig Schuldgefühle, wie Sie eingangs erwähnt haben und schweigen daher lieber. Warum ist das so?
Elena Persché: Zum einen ist das ein Schutzreflex und kann auch ein Versuch sein, die Situation zu kontrollieren. (…) zum anderen ist es auch unsere Gesellschaft die das mitbeeinflusst. Wurde ein Mädchen sexuell belästigt oder gar Missbraucht, wird beispielsweise die Frage gestellt was es anhatte. Da ist bereits der Denkfehler. Egal, wie man sich anzieht oder verhält. Es hat NIE jemand das Recht jemanden sexuell zu Missbrauchen.
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Auf welche Signale sollte man bei Kindern achten?
Anja Ebenschweiger: Kinder erzählen oft ein wenig kryptisch, zum Beispiel, dass der Fußballtrainer es angreift und etwas tut das ihm nicht so taugt. Aufmerksam zuzuhören und behutsam nachfragen, wäre eine gute Idee. “Was macht er denn genau?” Erwachsene sind auch oft hilflos und überfordert, daher raten wir dazu, sich zuerst Selbsthilfe zu holen - beim Gewaltschutzzentrum, Kinderschutzzentrum oder Rat auf Draht. Dann erst dem Kind helfen. Das wichtigste ist immer, dass das Kind merkt, dass es ernst genommen wird und darüber sprechen darf.
Elena Persché: Es gibt keine klassischen Signale bei Kindern, die auf Missbrauch hinweisen. Wichtig ist, zu wissen, dass ein Kind nichts ohne Grund macht oder uns mit seinem Verhalten ärgern möchte. Wenn es sich verändert, plötzlich zurückzieht, aggressives Verhalten oder körperliche Symptome wie Einnässen zeigt, dann weist das darauf hin, dass es dem Kind gerade nicht gut geht. Dann sollte man ihm besondere Aufmerksamkeit schenken und einen Raum schaffen, wo es offen darüber sprechen kann, was ihm am Herzen liegt.
(…) Wie kann man Kinder bestmöglich schützen?
Elena Persché: Es ist wichtig, Kinder schon in jungen Jahren für ihre eignen Gefühle zu sensibilisieren. Ob sich etwas angenehm oder unangenehm anfühlt und sie zu ermutigen, Nein zu sagen, wenn sich etwas unangenehm anfühlt - egal ob zu einem anderen Kind oder einem Erwachsenen. Eltern sollten von Anfang an mit ihren Kindern offen über ihren Körper sprechen und auch die Geschlechtsteile benennen. Ein gutes Körpergefühl und sexuelle Bildung von Anfang an, sowie ein starker Selbstwert und eine sichere Bindung zu einer Bezugsperson, erhöhen die Resilienz von Kindern. Mit diesen Voraussetzungen sind sie nicht nur besser vor Übergriffen geschützt, sondern werden auch seltener Selbst zu Sexualstraftäter:innen. Das heißt: Es ist Prävention in alle Richtungen. (..)